Volkstrauertag in der Pfarrgemeinde Atting/Rain 2019

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Volkstrauertag in der Pfarrgemeinde Atting/Rain 2019

Der Volkstrauertag wurde in unserer Pfarrgemeinde am Samstag in der Pfarrkirche Atting und am Sonntag in der Kirche Rain gefeiert. Dazu hatten sich neben Pfarrer Peter Häusler und den Ministranten, auch die Vertreter der jeweiligen Gemeinden mit den jeweiligen Ortsvereinen und Gemeindemitgliedern in den Gotteshäusern getroffen. In seiner Predigt erinnerte Pfarrer Peter Häusler an den imposanten Tempel in Jerusalem und wie ihn Jesus gesehen hat mit der Ankündigung dass kein Stein auf dem anderen bleibt. Damit schlug er die Brücke zum Volkstrauertag und dem Erinnern um der Toten willen und um unserer eigenen Zukunft Willen. Lesen Sie hier den genauen Wortlaut der Predigt:

Liebe Christen!

Der Tempel in Jerusalem zählte zu den imposantesten Bauwerken der Antike. Dieser Tempel muss ein überwältigender Anblick gewesen sein, riesenhaft in seinen Ausmaßen, prachtvoll im Glanz seiner weißen Marmorsteine. Man sagte: „Wer nicht Jerusalem in seiner Herrlichkeit gesehen hat, der hat sein Lebtag keine Freude gesehen. Wer nicht das Heiligtum in seiner Ausführung gesehen hat, der hat niemals eine liebliche Stadt gesehen.“ Jesus allerdings sieht den Tempel mit anderen Augen: „Von allem, was ihr hier seht, wird kein Stein auf dem anderen bleiben; alles wird niedergerissen werden“ (Lk 21,6). Jesus hat das vor Augen, was schon bald kommen wird: Die völlige Zerstörung Jerusalems und des Tempels durch die Römer im Jahr 70 und die Vertreibung des jüdischen Volkes aus dem Gelobten Land. Kein Stein blieb damals auf dem anderen, alles wurde niedergerissen, so lesen wir es auch bei den Geschichtsschreibern der damaligen Zeit, z.B. Flavius Josefus.

Kein Stein blieb auf dem andern …- das kann man auch über die schrecklichen Ereignisse schreiben, deren wir heute (morgen) am Volkstrauertag gedenken, besonders im Blick auf den Zweiten Weltkrieg, aber auch im Blick auf die schrecklichen Zerstörungen in den heutigen Kriegsgebieten. Da war damals ein sogenanntes „Drittes Reich“ aufmarschiert, anmaßend und großmaulig: „Heute gehört uns Deutschland – und morgen die ganze Welt!“ – so lautete der Schlachtruf oder die Devise damals. Viele, – allzu viele – hatten sich mitreißen lassen von der „neuen Zeit“, marschierten mit  im großen Haufen, bis dann die Quittung kam, die man eigentlich hätte voraus sehen können: Eine Schreckensherrschaft und ein schrecklicher Krieg! * Millionen von Gefallenen und im Bombenhagel Umgekommenen, *Millionen von Witwen und Waisen, von Flüchtlingen und Vertriebenen, *Millionen von unschuldigen Opfern in Konzentrationslagern, * ein Meer von Blut und Tränen. Daran sollen wir uns am Volkstrauertag erinnern, in Trauer erinnern. Warum?  Immer wieder? – Aus zwei Gründen: Um der Toten willen und um unserer eigenen Zukunft!

Wie viele Männer sind aus diesem Krieg nicht mehr heimgekommen. Wir können ja ihre Namen auf den Gedenktafeln der Friedhöfe und auf den Ehrenmälern lesen, und wir sollten das auch einmal wieder ganz bewusst tun – damit wir erkennen, welche Tragödie geschehen ist. Ganze Jahrgänge junger Männer sind in Deutschland ausgelöscht worden und fehlten nicht nur ihren Familien, sondern der ganzen Gesellschaft. Diese Toten haben es nicht verdient, dass wir sie vergessen. Sie haben es verdient, dass wir an sie denken und auch für sie beten. Aber auch für uns selbst ist diese Erinnerung wichtig, damit wir etwas aus ihr lernen. Es sind viele, die heute sagen: „Was gehen mich diese alten Geschichten an? Ich lebe doch heute. Und es geht mir gut!“ Das ist schon wahr. Es geht uns gut. Wir leben im Wohlstand, in einem Überfluss, von dem frühere Generationen nicht zu träumen gewagt hätten. Ja, materiell fehlt es vielen an nichts. Aber: reicht das? Werden wir damit allein wirklich bestehen können?

Vor einigen Jahren erregte der Film „Der Untergang“ großes Aufsehen. Dieser Film schildert die letzten Tage Adolf Hitlers im Führerbunker in Berlin und das Ende des Dritten Reiches. In erschütternden Szenen wird da dargestellt, wie das Regime sich am Schluss selbst zerstört und das ganze deutsche Volk mit in den Untergang reißt. Da stellt sich die Frage: „Wie konnte es überhaupt so weit kommen?!“ Interessant ist, was der Regisseur des Films, Oliver Hirschbiegel, auf diese Frage antwortet: “Das Dritte Reich zeigt eine Ideologie, der nichts mehr heilig ist, bei der es keine Grenze gibt. Alles, was nützt, ist Recht. Sowohl auf der moralischen, als auch auf der rechtsstaatlichen Ebene gibt es keinerlei Grenzen mehr. Alles, was man Jahrhunderte lang erlernte, erkämpfte und auch lebte, wurde pulverisiert“. Wenn das die Ursachen für den Untergang Deutschlands waren, liebe Christen, dann müssen wir uns fragen: „Was wird da heutzutage noch auf uns zukommen?! Manchmal möchte man Angst bekommen! Denn das, was da damals geschehen ist, hat doch erschreckende Ähnlichkeit mit dem Zeitgeist von heute… Die Väter des Grundgesetzes schrieben in die Präambel unserer Verfassung ausdrücklich die „Verantwortung vor Gott“ hinein. Sie hatten ja erlebt, was ein Staat ohne Gott bedeutet, und wie er endet. Genau diese Verantwortung vor Gott und seinen Geboten ist das Entscheidende, – im Leben des Einzelnen wie im Leben der Gemeinschaft. Nur in dieser Verantwortung vor Gott ist garantiert, dass die Würde jedes Menschen unantastbar bleibt, auch die Würde des behinderten, des alten und kranken und des ungeborenen Menschen. Nur in dieser Verantwortung vor Gott ist garantiert, dass keine weltliche Instanz, kein Gremium und auch keine politische Mehrheit plötzlich neue Maßstäbe für gut und böse erfindet und die Gewissen der Menschen besticht und verdirbt. Hoffen wir, liebe Christen, dass diese Lehre aus der Geschichte nicht völlig vergessen wird. Und bemühen wir uns persönlich in unserem Leben nicht nur um die Vermehrung von Besitz und Wohlstand, sondern um eine bewusste geistige und religiöse Ausrichtung unseres Lebens. Das wäre die wichtigste Vorsorge für unsere Zukunft!  Amen. (Predigt. © PH)

Nach dem Sonntagsgottesdienst in Rain bewegte sich ein langer Zug zum Kriegerdenkmal beim Kindergarten Rain. Hier versammelten sich Pfarrer Peter Häusler mit den Ministrantinnen, Bürgermeisterin Anita Bogner und die Gemeinderäte, Vereine sowie eine Abordnung der Patenkompanie aus dem 2. Sanitätslehrregiment Mitterharthausen und Gemeindemitglieder. Eine Abstellung bildeten Stabsfeldwebel Michael Keuerleber und Hauptfeldwebel Volker Schmidt von der Patenkompanie. Pfarrer Peter Häusler sprach auch hier Gebete und erinnerte an die Gefallenen der großen und kleinen Kriege, der Opfer von Terror und Gewalt, all derer, die für andere gestorben sind.

Als Vorsitzender der KRuSK Rain sprach Paul Hornauer im Gedenken an die Vermissten und Gefallenen. „Weil die Toten schweigen, beginnt alles immer wieder von vorn“ zitierte er den französischen Philosophen Gabriel Marcel, der beide Weltkriege erlebt hat, und der darin die Sorge zum Ausdruck bringt, dass die Stille ins Vergessen führt. Deshalb gehe der Aufruf an uns: Wenn die Toten schweigen, dann müssen die Lebenden die Stimme erheben, damit nicht alles wieder von vorn beginnt!

Bürgermeisterin Anita Bogner erinnerte an die 60 Millionen Toten, die der zweite Weltkrieg gefordert hat und nannte es ein beispielloses Verbrechen an der Menschlichkeit, das unsägliches Leid über Männer, Frauen und Kinder gebracht hat. Es sei bitter notwendig, die Erinnerungskultur zu pflegen und den Frieden weltweit anzumahnen. Positiv blickte Bürgermeisterin Anita Bogner auf den Mauerfall im geteilten Deutschland vor 30 Jahren sowie die friedliche Europäische Union, auch wenn hier noch viele Chancen genutzt werden könnten. „Doch nicht mit Zukunftsangst, sondern mit Zuversicht müssen wir am europäischen Haus weiterbauen“ betonte die Bürgermeisterin, das müsse der Frieden wert sein. Mit Blick auf Kinder und Kindeskinder wünschte sie, dass die künftigen Herausforderungen aufrichtig, verantwortungsvoll und gemeinsam in Angriff genommen werden. Abschließend zitierte sie den Präsidenten des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge General a.D. Wolfgang Schneiderhan: „Im Wissen um die Geschichte: die eigene Verantwortung sehen und den anderen verstehen“. Es folgte die Kranzniederlegung durch die Bürgermeisterin und die Hymnen durch die Bläserfreunde Rain, die auch bereits den Gottesdienst musikalisch umrahmt haben.

In diesem Slider sehen Sie Bilder vom Schweigemarsch zum Kriegerdenkmal Rain, sowie von der dortigen Feier:

 

 

Auch am Vorabend waren in Atting Pfarrer Peter Häusler, die Ministranten, Vertreter der Gemeinde und der Ortsvereine zum Kriegerdenkmal gezogen. Nach den Gebeten von Pfarrer Häusler wurde durch die Gemeinde ein Kranz niedergelegt und durch die Bläserfreunde Rain die Hymnen gespielt.

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